Das intraoperative Neuromonitoring – intermittierend/kontinuierlich
Das intermittierende intraoperative Neuromonitoring - ein wichtiger Fortschritt zur sicheren Identifikation und Funktionsprüfung des Stimmbandnervs
Das Aufsuchen und Freilegen des an der Hinterseite der Schilddrüse versteckt liegenden und von zahlreichen Blutgefäßen umschlungenen Stimmbandnervs ist für den Schilddrüsenchirurgen mittlerweile Routine bei jeder ausgedehnten Schilddrüsenoperation und Voraussetzung für seine Schonung.
Dennoch kann dieser wichtige Operationsschritt bei technisch anspruchsvollen Eingriffen auch für den Spezialisten eine Herausforderung darstellen oder – vor allem bei Rezidiveingriffen – selbst mit mikrochirurgischer Technik äußerst schwierig sein. Außerdem ist auch einem perfekt freigelegten und geschonten Stimmbandnerv nicht anzusehen, ob er auch einwandfrei funktioniert.
Hier hat das Neuromonitoring einen ganz wesentlichen Fortschritt gebracht:
Die elektrische Stimmbandnervstimulation kann in schwierigen Situationen eine entscheidende Hilfestellung bieten, 1. einen Nerv mit Sicherheit als solchen zu identifizieren und 2. seine Funktion während der Operation zu prüfen.
Neueste Technologie des Neuromonitoring: Computer und Monitor auf dem Gerätewagen
Schema: Prinzip intermittierendes Neuromonitoring
Elektromyographische Kurven nach erfolgreicher prä- und postoperativer vagus-, laryngeus recurrens und laryngeus superior Stimulation. Alle Nerven zeigen nach der Schilddrüsenentfernung dieselbe regelrechte Funktion wie vorher. Die Kurvenbilder werden protokolliert, ausgedruckt und der Krankenakte beigelegt.
Prinzip des kontinuierlichen Neuromonitoring. Eine Weiterentwicklung der Technologie ermöglicht die kontinuierliche Nervenfunktionsüberwachung, die die Möglichkeit bieten soll, vor einem drohenden Funktionsausfall zu warnen und rechtzeitig Vermeidungsstrategien einzuleiten. Eine spezielle Elektrode wird um der N.Vagus geschlungen, stimuliert während der gesamten Operation und überwacht dadurch ständig die Stimmbandfunktion. Diese Methode ist aber derzeit erst in Erprobung und der Benefit ist noch nicht bewiesen.
Zur Methode des Neuromonitoring
Gleich in der ersten Operationsphase werden der N. vagus (der Ursprungsnerv für die Stimmbandfunktion) und später auch der N. laryngeus recurrens mit einer bipolaren Sonde elektrisch stimuliert. Bei intakter Nervenleitung werden diese Impulse an den Kehlkopf weitergeleitet und verursachen Kontraktionen an der Stimmbandmuskulatur. Damit wird die Sprachfunktion wahrend der Operation simuliert. Die Muskelantwortpotenziale werden über eine Oberflächenelektrode am Tubus (alternativ auch über eine Nadelelektrode) registriert. Diese EMG-Ableitung wird über ein Klopfsignal für den Chirurgen akustisch wahrnehmbar gemacht und gleichzeitig durch ein charakteristisches Kurvenbild am Monitor dargestellt, wobei Latenzzeit und Amplitude die intakte Nervenleitung definieren. Das Neuromonitoring soll dem Operateur die Identifizierung des Nervs erleichtern bzw. seine Identität absichern und die Information über eine funktionierende Nervenleitung durch Muskelkontraktion und somit eine intakte Stimmbandbewegung vermitteln. Wir haben diese Methode im Jahr 1999 als erste Abteilung in Osterreich eingeführt und durch eine prospektive Studie auch wissenschaftlich evaluiert (Hermann, Eur Surg, 2003; Hermann, Ann Surg, 2004). Wir konnten dabei zeigen, dass das System sicher, leicht anzuwenden und für die Auffindung des Nervs ein verlässliches Instrument darstellt. In unserer prospektiven Studie zeigte die intraoperative Funktionsprüfung eine gute Übereinstimmung mit der postoperativ laryngoskopisch dokumentierten Stimmbandfunktion. Dem Chirurgen wird damit eine zusätzliche operative Sicherheit bei der Auffindung des N. laryngeus recurrens geboten, vor allem bei der Operation komplizierter Strumen (Rezidiv, Karzinom). Der Vorhersagewert für eine intakte oder gestörte Stimmbandfunktion liegt bei 90-98 %.
Grundsätzlich stellt das intraoperative Neuromonitoring eine Bereicherung für die Sicherheit in der Schilddrüsenchirurgie dar und erhöht die Identifikationsrate und Schonung des Nervs. Speziell hilfreich ist es bei atypischem Nervenverlauf und bei erweiterten Eingriffen wie der Neckdissection, wobei auch andere Halsnerven stimuliert werden können. Es verbessert in operationstechnisch anspruchsvollen Situationen die präparatorische Sicherheit für den Operateur und damit vor allem eine erhöhte Sicherheit für den Patienten
Das kontinuierliche intraoperative Neuromonitoring – eine neue Methode zur permanenten Überwachung der Stimmbandnervfunktion
Eine vielversprechende Technologie zur kontinuierlichen intraoperativen Überwachung der Nervenfunktion wurde an der chirurgischen Abteilung des Kaiserin Elisabeth Spitals in Kooperation mit der Universitatsklinik Leipzig (Schneider, Langenbecks Arch Surg, 2009; Schneider, Am J Surg, 2010; Hermann, Eur Surg, 2008, 2009, 2010) und der Forschungsabteilung der Fa. Langer-Medical GmbH, Waldkirch, Deutschland, entwickelt.
Um eine permanente Überwachung der Stimmbandnervfunktion während der Operation zu erhalten, frühzeitig einen drohenden Schaden zu erkennen und gegebenenfalls zu verhindern, haben wir eine neue flexible Elektrode entwickelt, die am N. vagus angelegt wird und durch regelmäßige Stimulationsimpulse die Funktion des Stimmbandnervs während der gesamten Operation überwacht. Das Ziel der neuen Methode ist die kontinuierliche und permanente Information über den Funktionszustand des N. vagus und des N. laryngeus recurrens während der Operation, um ein Frühwarnsystem für einen drohenden Nervenschaden während der Operation zu schaffen und möglicherweise rechtzeitig Maßnahmen zur Verhinderung einer Nervenschädigung zu setzen. Klinische Studien laufen derzeit noch, es muss aber erwähnt werden, dass es bisher noch nicht bewiesen werden konnte, dass diese Methode eine weitere Senkung der Stimmbandnervlähmungsrate bringt.
Das Stimulation des „oberen“ Stimmbandnerven (Ramus externus des Nervus laryngeus superior)
Die Funktion des oberen Stimmbandnerven (Nervus laryngeus superior) hat für den Patienten nicht jene relevante Bedeutung wie die des Nervus laryngeus recurrens, seine Funktion ist allerdings bedeutsam für die Obertöne. Eine Läsion beeinträchtigt den Stimmumfang im oberen Bereich somit die Singstimme. Da der Nervus laryngeus superior einen äußeren Stimmbandmuskel (den Musculus cricothyreoideus) steuert, ist dessen Kontraktion bei Stimulation auch im Operationsfeld für den Operateur gut sichtbar.